Schach-Champion Ding Liren trägt sich ins Goldene Buch der Gemeinde ein
Der TTC Muggensturm hat schon manchen Coup gelandet: So gastierte etwa der spätere Weltranglistenerste Timo Boll zum Kinderspiel-Nachmittag in der Schulturnhalle. Die einstigen Doppel-Weltmeister Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner waren ebenso schon da oder der ehemalige Einzel-Weltmeister Jörgen Persson beim Finale des Deutschland-Grand-Prix.
Nun gab sich erstmals ein amtierender Weltmeister in Muggensturm die Ehre! Und dann sogar einer aus der Tischtennis-Supermacht China! Davon träumen alle Fans der schnellsten Rückschlagsportart. In Muggensturm erfüllte sich dieser Pingpong-Traum über Ostern, auch wenn er leicht anders ausfiel als gedacht. Ding Liren nutzte an Karfreitag den spielfreien Tag bei den Grenke Chess Classic, um seinem großen Hobby zu frönen. Der Schach-Weltmeister nahm gerne die Einladung des Tischtennisclubs Muggensturm an, um sich an der Platte einen entspannteren Tag als am Brett beim Weltklasseturnier in Karlsruhe zu gönnen. Hartmut Metz hatte einmal mehr seine guten Kontakte in die Schach- und Tischtennis-Szene genutzt, um ein weiteres Highlight nach Muggensturm zu locken. Der TTC-Ehrenpräsident ist nicht nur amtierender deutscher Seniorenmeister im Schach, sondern auch Autor von mehreren Schachbüchern und weltweit als Schach-Journalist bekannt. So lud er Ding Liren kurzerhand zu dem Trainingsabend in seinem Wohnort ein.
„Ich spiele daheim in China jeden Tag mit meinem Vater Tischtennis“, berichtete der Schach-Weltmeister über sein sportliches Fitnessprogramm abseits der 64 Felder. Die Duelle mit Ding Wenjun enden laut dem 31-Jährigen „meist äußerst knapp. Oft geht es in den engen Sätzen 4:3 für mich aus“. Während sein Vater wie die meisten Chinesen den Penholder-Griff bevorzugt, hält der Rechtshänder den Schläger europäisch mit Shakehand-Griff.
Den hohen Besuch in Muggensturm nutzte Bürgermeister-Stellvertreter Joachim Schneider, um das Goldene Buch der Gemeinde zu füllen. Schneider überreichte Ding Liren namens des TTC Muggensturm ein Mannschaftstrikot des Vereins. Hocherfreut streifte es sich der Schach-Weltmeister sogleich über und spielte fortan mit seinen Fans einige Matches an der Platte. Zuvor aber signierte er das Goldene Buch.
Während der ebenfalls sehr sportliche norwegische Weltranglistenerste Magnus Carlsen eine Runde Golf der Tischtennis-Einladung vorzog, kam mit Großmeister Daniel Fridman ein zweiter Teilnehmer des sechsköpfigen Schnellschach-Weltklasseturniers mit nach Muggensturm. Der deutsche Nationalspieler kannte die Halle bereits, spielte er doch schon während eines früheren Events Tischtennis beim TTC mit seinem Freund Konstantin Landa. „Ich habe meinen Schläger immer bei Turnieren dabei“, berichtete der zweifache Familienvater, der erneut bei Duellen mit den TTC-Spielern ein gutes Händchen bewies. Noch heißer auf Vergleiche mit Ding Liren bei der schnellsten Rückschlagsportart war allerdings seine Gattin Anna Zatonskih! Weil die Großmeisterin auch der Weltklasse angehört und Leistungsträgerin in der US-Nationalmannschaft ist, bat Schneider das Ehepaar natürlich ebenso um einen Eintrag in das Goldene Buch. Der Bürgermeister-Stellvertreter verwies bei seiner kurzen Ansprache darauf, dass die drei Schach-Asse nicht die ersten Vertreter des Denksports im Goldenen Buch sind. Er zeigte dem Trio den Eintrag mit Ketino Kachiani-Gersinska. Die Großmeisterin aus Georgien und deutsche Ex-Nationalspielerin ist seit Jahrzehnten in Muggensturm verheiratet – und spielt mit Zatonskih zusammen in der Bundesliga-Mannschaft der OSG Baden-Baden, die schon zigmal deutscher Meister war.
Für Metz, der Ding Liren erst zu sich nach Hause einlud, war es auch ein Höhepunkt, mit dem Weltmeister mehrere Doppel zu spielen. Die Gelegenheit mit ihm oder gegen ihn zu spielen, erhielten auch alle anderen Tischtennis-Freunde und Schachspieler. Obwohl Karfreitag war, drängten einige Fans in die Halle, um sich Schachbretter von dem sympathischen Weltmeister signieren zu lassen oder ein Selfie mit ihm zu bekommen. Geduldig erfüllte Ding alle Wünsche. Am meisten blühte der nach seinem anstrengenden WM-Sieg in eine Depression gefallene Chinese jedoch an der Platte auf.
Der Höhepunkt für alle TTC-Mitglieder, die zum Teil auch Schach für die Rochade Kuppenheim spielen, waren natürlich die Ballwechsel mit dem Weltmeister. So spielten etwa die Kuppenheimer Patrick Karcher und Ralf Ehret Doppel gegen ein Gespann mit Ding Liren. Die beiden Rochade-Schachspieler unterlagen zwar in drei Sätzen, aber dennoch frohlockte Vereinskassierer Ehret: „Endlich kann ich allen erzählen, ich habe gegen den Schach-Weltmeister neun von 20 Punkten geholt!“, kommentierte der Bezirksliga-Schachspieler, der dienstags am Gesundheitstraining des TTC für Senioren teilnimmt, mit einem Augenzwinkern einen knappen Satzverlust mit 9:11. Einige Zuschauer gelobten, sich nun auch dem Tischtennissport verschreiben zu wollen – unter Schachspielern ist der ebenfalls eine hohe Konzentration erfordernde Ballsport äußerst beliebt.
Sichtlichen Spaß hatte neben Ding Liren vor allem Anna Zatonskih. Die US-Nationalspielerin schwärmte noch am nächsten Tag in der Schwarzwaldhalle, als ihr Ehemann und Ding Liren längst wieder auf der Bühne vor den kleinen, karierten Feldern saßen, von dem „tollen Event. Ich habe das Einzel nur in fünf Sätzen gegen Ding Liren verloren.“ Eine besondere Leistung gegen den Weltmeister aus der Pingpong-Supermacht China …