Die Buch-Titel hatten offensichtlich keinen Einfluss auf den Titel-Gewinn: „Die goldene Gans“ holte nur Bronze. „Der Abräumer“, die Biografie von Basketball-Legende Dennis Rodman, räumte nur den letzten Platz ab. Und selbst „Rossi“, die Biografie von Doppel-Weltmeister Jörg Roßkopf, bewirkte nichts bei der Buch-WM des Tischtennisclubs (TTC) Muggensturm. Stattdessen erwies sich das schlichte „Bilderwörterbuch Deutsch – Englisch“ als herausragendes Werk.
Der TTC Muggensturm richtete an Fasnacht wieder seine Jux-WM aus. Als Spielgerät statt des Schlägers musste nach Badelatsche und Bratpfanne in den Vorjahren diesmal ein Buch herhalten. Dabei kamen aber kaum Klassiker zum Einsatz. Den Grund hierfür lieferte Benjamin Hertweck unfreiwillig am Ende des Turniers nach nur einem Sieg: „Der Duden ist zu schwer!“ Das bezog sich weniger auf den Inhalt des Standardwerks als auf das Gewicht. Mit unhandlichen Bänden war kein Blumentopf zu gewinnen bei der WM.
„Super Buch, echt super Buch!“, jauchzte Hans Wiechert hingegen, nachdem sich mit dem „Bilderwörterbuch Deutsch – Englisch“ ein „Lebenstraum erfüllte“: Der 44-Jährige wurde Weltmeister. Der Abwehrspieler hatte das Buch für das Tischtennis-Turnier ausgesucht, weil es „einerseits relativ hart ist, andererseits aber auch nicht zu schwer“. Gepaart mit einem entsprechend sicheren Händchen bescherten Wiechert gute Schnittbälle und Returns 11:0 Siege. Besser hätte die Bilanz selbst mit seinem Preis nicht aussehen können: Der neue Champion erhielt die Biografie des ehemaligen Weltranglistenersten mit herkömmlichem Schläger, „Timo Boll: Mein China – eine Reise ins Tischtennis-Wunderland“.
Lediglich Andreas Herrmann bot Wiechert Paroli – doch der neue Vizeweltmeister vergab bei dem langen Satz bis 21 bei seiner 20:16-Führung vier Matchbälle. Immerhin beherzigte der TTC-Jugendtrainer die Aufforderung seines Buchs: „Steh auf“ fordert Rollstuhlfahrer Boris Grundl in seinem „tollen Motivationsbuch“. Herrmann tat dies nach seiner einzigen Niederlage und gewann den Rest. Doch nicht immer ging die Rechnung so auf bei der Buch-WM: Thorsten Büchler trat mit dem Lieblingsbuch seiner Tochter im Kindergarten, „Die goldene Gans“, an – gülden geriet die Medaille aber nicht. Bronze lässt sich jedoch auch zu Hause vorzeigen, zumal „unter Schmerzen erkämpft“. Mit dem unhandlichen Werk verzeichnete Büchler wie der knapp geschlagene Thomas Zetting (mit seinem ersten Kochbuch „Zaubereis und Bärenbrunch“) 8:3 Siege. Rang fünf sicherte sich Manfred Vogel (7:4) mit dem zweitbesten Kochbuch des Tages, „Natürlich besser kochen“.
Allerdings garantiert offensichtlich nicht jedes Kochbuch exzellente Ergebnisse auf der Platte: Mit „Grillspaß das ganze Jahr“ muss sich Stefan Rosar (4:7) weiterhin mit dem Titel als eingefleischter Grillmeister bescheiden. Wenig zukunftsträchtig erschien zudem George Orwells „1984“ – zumindest im Pingpong. Victoria Sitzler hatte es benutzt, um von der Jahreszahl her „bis auf neun Jahre dem Gründungsdatum unseres Vereins nahe zu sein“. Noch mehr lag Hartmut Metz daneben: Der Badelatschen-Vizeweltmeister 2014 verzichtete auf seinen Lieblingsautor Vladimir Nabokov, dessen Werke wie „Lolita“ und „Lushins Verteidigung“ durchweg unbrauchbare Einbände besitzen. Stattdessen sollte die Biografie „Rossi“ den Weg nach ganz oben ebnen. „Schließlich weiß Jörg Roßkopf, wie man Weltmeister wird.“ Doch schon 1989 hatte man auf zwei Seiten des Holzes besseres Material als nun auf 176 Seiten … Untalentierte sollten daher wohl künftig bei solchen Anlässen auf ein Werk über Kondome zurückgreifen, um letzte Plätze zu verhüten – irgendeines sollte doch kurze Noppen außen haben …
Die besten Bücher bei der WM nach elf Simultan-„Lesungen“: 1. „Bilderwörterbuch Deutsch – Englisch“ (in der Hand von Hans Wiechert) 11:0, 2. „Steh auf“ (Andreas Herrmann) 10:1, 3. „Die goldene Gans“ (Thorsten Büchler), 4. „Zaubereis und Bärenbrunch“ (Thomas Zetting) je 8:3, 5. „Natürlich besser kochen“ (Manfred Vogel), 6. „Der Regenbogenfisch“ (Bernd Appel), 7. „Max und Moritz&Der Struwwelpeter“ (Adnan Ademaj) je 6:5, 8. „Erinnerungen 1964“ (Hubert Weber), 9. „Grillspaß das ganze Jahr“ (Stefan Rosar) je 4:7, 10. „Der Duden“ (Benjamin Hertweck), „1984“ (Victoria Sitzler), „Rossi“ (Hartmut Metz, der als „Materialspieler“ auch „Der Abräumer“ vergeblich einsetzte) je 1:10.